google.com, pub-2986609426121239, DIRECT, f08c47fec0942fa0 Hier ist Interessant: Das Porträt

Das Porträt

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Das Porträt der Erinnerung

Der Raum roch nach Farbe und Stille.
Auf der Staffelei stand eine leere Leinwand – weiß wie ein Morgen ohne Sonne. Er saß davor, wie vor einem Fenster, hinter dem einst das Leben war. Daneben lagen alte Pinsel, eine Palette, ein Glas mit trübem Wasser. Alles war so belassen, wie sie es geliebt hatte – sogar die Blumen in der Vase, längst verwelkt, hatte er nicht weggeworfen.

Früher saß sie oft an genau diesem Platz – lächelte, strich sich die Haare aus dem Gesicht, lachte über seine Stirnrunzeln, wenn er versuchte, die perfekte Linie zu treffen. Ihre Stimme, ihr Blick, ihr Atem – alles war Teil seiner Inspiration.
Jetzt war sie fort. Doch er sprach noch immer mit ihr – leise, als sei sie nur in einem anderen Zimmer.

Jeden Morgen setzte er sich an die Staffelei, mischte die Farben, wählte den Hautton, die Augenfarbe, den Glanz der Haare. Er erinnerte sich an jedes Detail. Ihr Muttermal an der Schläfe, die sanfte Krümmung der Lippen, das weiche Licht, das von ihr ausging, wenn sie ihn ansah.
Doch je mehr er malte, desto schwerer fiel es ihm. Denn die Leinwand schwieg.

Er konnte ihr Gesicht perfekt, genau, lebendig zeichnen. Aber das, was in ihr lebte, konnte er nicht einfangen. Wärme, Nähe, das Atmen der Liebe. Jeder Pinselstrich brachte ihn ihr näher – und zugleich weiter weg.



Manchmal schloss er die Augen und sah sie: im Sommerkleid, im Regen, mit einem Strauß Wiesenblumen. Sie lachte, drehte sich zu ihm – und verschwand, wie ein Schatten, wie ein Spiegelbild im Wasser. Dann legte er den Pinsel ab, setzte sich in den Sessel und starrte lange auf die Leinwand, in der Hoffnung, sie möge wenigstens mit dem Blick zurückkehren.

Wochen vergingen.
Die Leinwand füllte sich mit Licht und Trauer, Farben und Erinnerungen. Er wusste nicht, ob das Porträt vollendet war – doch aufhören konnte er nicht. Es war sein Atem, sein Weg, bei ihr zu bleiben.

Als das Porträt schließlich fertig war, herrschte eine fast heilige Stille im Raum. Sie schaute ihn von der Leinwand aus an – so, wie er sich an sie erinnerte: zart, hell, lebendig. Doch es war mehr als ein Bild – fast, als sei ihre Seele selbst in der Farbe festgehalten.

Er trat näher, berührte mit den Fingerspitzen ihr gemaltes Haar und flüsterte:

— Jetzt bist du wieder zu Hause.


Eine Träne fiel auf die Farbe, hinterließ einen winzigen Fleck – ein Abdruck seiner Liebe. Er lächelte durch den Schmerz hindurch. Denn er verstand: Sie war nie wirklich fortgegangen. Sie war Teil dieses Lichts, dieser Stille, dieses Porträts geworden.

Und jetzt, jeden Morgen, wenn ein Sonnenstrahl auf die Leinwand fiel, schien es ihm, als lächelte sie ihm zu.

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