Foto: ifaw.org/Nick-Hawkins
Alarmstufe Rot für Nordatlantische Glattwale: Die Bestände schrumpfen in
erschreckender Geschwindigkeit. Nur noch 366 Exemplare dieser Art gibt es
weltweit – deutlich weniger als angenommen. Tierschützer schlagen Alarm:
„Diese Wale sterben nicht an natürlichen Ursachen, sie werden durch
Kollisionen mit Schiffen und das Verfangen in Fischereileinen getötet“, sagt
Andreas Dinkelmeyer vom IFAW.
„Die korrigierte Schätzung der Bestandszahlen dieser ohnehin stark
gefährdeten Walart ist erschütternd“, kommentiert Dinkelmeyer die
aktualisierten Zahlen, die die National Oceanic and Atmospheric
Administration (NOAA) jetzt veröffentlicht hat. „Seit Januar 2019 sind
mindestens elf weitere Tiere gestorben sind. Vier Glattwale mit
schwerwiegenden Verletzungen wurden außerdem dokumentiert“, so der
Meeresbiologe weiter.
Forscher haben errechnet, dass die Population höchstens einen Verlust von
0,9 Tieren pro Jahr aufgrund menschlicher Aktivitäten verkraften kann. In
den letzten fünf Jahren ging der Tod von durchschnittlich 4,2 Tieren pro
Jahr auf menschliche Ursachen zurück.
Nicht einbezogen sind dabei dokumentierte Todesfälle mit unbekannten
Ursachen, Tiere mit lebensbedrohlichen Verletzungen, und nicht dokumentierte
Todesfälle – das bedeutet, dass die reale Zahl gestorbener Wale noch höher
liegt.
Lebensraum der Nordatlantische Glattwale überschneiden sich mit
Hummerfischerei
Vor der Nordostküste von Amerika überschneiden sich der Lebensraum der Wale
und die Fanggründe etwa der Hummerfischerei. Für sie werden Reusen an den
Meeresboden ausgebracht, die durch Rückholleinen mit Bojen an der
Wasseroberfläche verbunden sind.
Wale verheddern sich oft in diesen Leinen.
Erneut sind in den letzten Tagen zwei #Glattwale im Nordatlantik entdeckt
worden, die in Leinen verfangen waren. Es gibt Lösungen, um die Tiere zu
schützen – sie müssen endlich umgesetzt werden! 🐋
Mehr: https://t.co/XB73rBkhWg#Walschutz #Meeresschutz
#vomAussterbenbedroht
— ifaw Deutschland (@ifawDE) October 22, 2020
Um das tödliche Verfangen von Fischereileinen zu verhindern, haben der IFAW
and Fischereiexperten leinenlose Systeme entwickelt. Diese moderne Leinen
sinken auf den Meeresboden und treiben nicht in der Wassersäule.
Ein Netz von Unterwassermikrofonen und eine vom IFAW entwickelte App zeigen
der Schifffahrt die Präsenz von Walen an. Schiffe können dann diese Gebiete
meiden oder ihre Geschwindigkeit reduzieren, um Kollisionen mit den Walen zu
verhindern.
Dinkelmeyer: „Jedes Tier zählt!“
„Mit weniger als 360 verbleibenden Individuen, von denen nur 94
reproduktionsfähige Weibchen sind, ist klar, dass jedes Tier zählt“, so
Dinkelmeyer weiter. „Die Studien sind eindeutig. Wenn jetzt nicht endlich
gehandelt wird, werden wir ihr Aussterben erleben.“
Und das wollen die Artenschützer verhindern. Wie, erklärt Dinkelmeyer: „Es
gibt Lösungen, etwa Reusensysteme, deren Rückholleinen sich am Meeresboden
befinden und erst nach einem Funksignal an die Oberfläche kommen. Diese
Alternativen müssen jetzt schnell und flächendeckend eingesetzt werden, um
die tödliche Gefahr durch Fischereileinen zu verringern.“
Der Nordatlantische Glattwal (Eubalaena glacialis), auch Atlantischer
Nordkaper genannt, gilt laut Weltnaturschutzunion IUCN als vom Aussterben
bedroht.
Sie sind langsame Schwimmer, ein Grund warum die amerikanischen Walfänger
im 19. Jahrhundert sie als „right whale“, den „richtigen Wal“, bezeichneten.
Er war leicht zu fangen und trieb getötet an der Wasseroberfläche. Seit
seiner massenhaften Bejagung hat sich diese Walart kaum erholt, obwohl sie
schon 1935 unter Schutz gestellt wurde.
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